Inkontinenz

Wie Sie das Tröpfeln stoppen können

Dieses peinliche Problem wird häufig verschwiegen, ist mit viel Scham und Ärger verbunden und kann nicht nur physisch, sondern auch psychisch belasten: Inkontinenz. Wie kann man die Beschwerden lindern und die Lebensqualität wieder steigern?


Von einer Inkontinenz spricht man, wenn es zu einem unwillkürlichen Verlust von Urin kommt und man die Entleerung der Blase nicht bewusst steuern kann – auch falls man „nur” ein paar Tröpfchen zwischen den Toilettengängen verliert.

Die Entleerung der Blase ist kein einfacher Prozess: daran sind spezielle Zentren im Gehirn und im Rückenmark sowie Muskeln- und Nervennetze beteiligt, die in einem engen Zusammenspiel verbunden sind. Jedes Teil dieses gut durchdachten Systems muss intakt funktionieren, damit die Blasenentleerung reibungslos von statten geht. Zunächst soll der Urin über eine gewisse Zeitspanne in der Harnblase gespeichert werden. In dieser Zeit bleiben der Blasenmuskel und die Blasenwand entspannt, so dass sich die Blase ausdehnen kann. Der Schliessmuskel ist in diesem Status dagegen angespannt, damit der Urin innerhalb der Blase bleibt. Danach kommt die Zeit, die Blase zu entleeren und der Blasenmuskel zieht sich zusammen. Die Muskulatur des Beckenbodens und der Schliessmuskel der Blase erschlaffen, so dass der Urin abfliessen kann.



Werden diese fein aufeinander abgestimmte Prozesse gestört, kommt es zu einer Inkontinenz. Es gibt viele Gründe dafür. Der Blasenschliessmuskel kann mit dem Alter und durch die Veränderung des Hormonhaushaltes zu schwach werden, da die Elastizität des Gewebes abnimmt. Die Beckenbodenmuskulatur kann auch durch Übergewicht geschwächt werden, so dass der Urin bei erhöhtem Druck im Bauchraum nicht mehr gut zurückgehalten wird. Dasselbe kann nach Operationen am Unterleib und nach einer Schwangerschaft vorkommen. Nervenschädigungen bei bestimmten Krankheiten (Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose, Schlaganfall, Querschnittslähmung) führen dazu, dass die Nervenimpulse aus dem Gehirn nicht weitergeleitet werden und man seinen Harndrang nicht kontrollieren kann. Zu Risikofaktoren zählen auch eine Vergrösserung der Prostata bei Männern, Diabetes mellitus, Blasensteine, eine Harnröhrenverengung und eine Harnwegsentzündung.

Es gibt verschiedene Formen der Harninkontinenz. Bei einer Belastungsinkontinenz verliert man unwillkürlich Harn beim Husten, Niesen, Lachen oder beim Tragen schwerer Gegenstände – also jedesmal wenn sich der Druck im Bauchraum erhöht. Man verspürt dabei keinen Harndrang, und mit der Zeit gehen schon bei jeder Bewegung wenige Tropfen Urin verloren. Für eine Dranginkontinenz ist ein plötzlicher, starker Harndrang charakteristisch, wobei die Blase eigentlich noch nicht voll ist. Der Urin geht in der Regel bereits auf dem Weg zur Toilette verloren und man spricht von einer überaktiven Blase. Belastungs- und Dranginkontinenz können zusammen auftreten, in diesem Fall geht es um eine Mischinkontinenz. Bei einer Nervenschädigung oder bei einer vergrösserten Prostata tröpfelt es bei voller Blase ständig, das nennt man Inkontinenz mit Harnverhalt. Es gibt auch Reflexinkontinenz, Extraurethrale Inkontinenz, nächtliches Einnässen und weitere Formen der Inkontinenz.



Um die passende Therapie zu finden, ist es wichtig, auf die Gründe der Erkrankung zu kommen und sich ärztlich untersuchen zu lassen. Wie kann man die Beschwerden lindern? Hier haben wir die besten Tipps gesammelt sowie Massnahmen, die man selbst ergreifen kann.

  • Führen Sie ein Trink- und Blasenbuch, das medizinisch als Miktionsprotokoll bezeichnet wird. Notieren Sie wann und wie viel Sie getrunken haben und wann und wie viel Wasser Sie lassen mussten. Machen Sie einen Vermerk, falls es zu einem unwillkürlichen Urinverlust kam und wie stark der Harndrang war. Dieses Miktionsprotokoll hilft Ihrem Arzt, auf die Gründe zu kommen und ein passendes Blasentraining anzuordnen.
  • Meiden Sie blasenreizende Produkte wie Kaffee, scharfe Gewürze und Alkohol und sorgen Sie für eine geregelte Verdauung, um einer Verstopfung vorzubeugen. Eine ausgeglichene Darmfunktion ist auch für die gesunde Blase wichtig.
  • Zugluft und Kälte sollten auch vermieden werden, um die Blase nicht zu reizen. Es ist auch wichtig, regelmässig vorbeugend zur Toilette zu gehen.
  • Bei Übergewicht sollten Sie die überschüssigen Kilos auf gesunde Weise loswerden. Schon das Abnehmen alleine kann in diesem Fall die Symptome der Inkontinenz schwächen. Bei Belastungsinkontinenz lindern schon 10% Gewichtsverlust die Beschwerden signifikant.
  • Das richtig ausgeführte Beckenbodentraining unter Kontrolle des Physiotherapeuten hilft, die erschlafften Beckenbodenmuskeln gezielt zu aktivieren. Beachten Sie, dass es eine Weile braucht, bis es zu einer Besserung kommt. Viele Übungen können jedoch unbemerkt in den Alltag eingebaut werden.
  • Bei einer Dranginkontinenz hilft häufig autogenes Training oder andere Entspannungstechniken.
  • Um den Beckenboden nicht zusätzlich zu belasten, setzen Sie ihn nicht einem erhöhten Druck aus. Vermeiden Sie schwere körperliche Arbeit und Sportarten wie Joggen und behandeln Sie Husten und Verstopfung rechtzeitig. Falls Sie ein Sportfan sind, bevorzugen Sie Schwimmen, Radfahren und Nordic Walking.
  • Trinken Sie ausreichend Wasser. Für einen durchschnittlichen Mensch sollten das eineinhalb bis zwei Liter täglich sein. Trinkt man zu wenig, wird der Urin zu konzentriert, was den Blasenmuskel reizt. Gut sind auch Cranberry-Säfte, die Harnwegsinfekten vorbeugen.
  • Bei Bedarf nutzt man Hilfsmittel, zum Beispiel Vorlagen oder Inkontinenzslips. Diese gibt es mit verschiedenen Saugstärken im Angebot. Normale Monatsbinden sind dafür nicht geeignet, da sie zu wenig Flüssigkeit speichern können und nicht gegen starken Geruch konzipiert sind.
  • Man sollte insbesondere auf eine richtige Hautreinigung und Hautpflege achten. Bei Inkontinenz ist die betroffene Haut häufig nass und braucht eine besondere Pflege. Dafür gibt es spezielle Cremes und sanfte Reinigungsmittel.
Inkontinenz verändert zwar den Alltag, doch diese Tipps helfen, die lästigen Beschwerden zu lindern und die Kontrolle über die Blasenentleerung wiederherzustellen!

editorial.facts

  • Belastungsinkontinenz hiess früher Stressinkontinenz. Diese Bezeichnung entspricht jedoch nicht der Realität, da sie infolge körperlicher Belastungen entsteht.
  • Der umgangssprachliche Begriff „Blasenschwäche” ist irreführend, da die Blase nicht immer schuld an Inkontinenz ist.
  • Eine Harninkontinenz kommt bei Frauen häufiger als bei Männern vor, da ihre Beckenbodenmuskulatur durch Geburtsprozesse belastet wird.
  • Mit dem Alter nimmt die Häufigkeit von Harninkontinenz-Fällen zu.

Wie beugen Sie Inkontinenz vor?

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